Christoph Lorenz erkennt in seiner Ausarbeitung zur ästhetischen Codierung autopoietischer Strukturen und Prozesse am Beispiel von David Lynchs „Twin Peaks“ die TV-Serie als Kaleidoskop, welches
unzählige interpretatorische Zugänge bietet. Zur Identifizierung diverser der Saga innewohnenden Systeme und ihnen jeweils zugeordneten Umwelten, verwendet Lorenz drei grundlegende Begriffe der
Luhmannschen Theorie: das biologische, psychische und soziale System.
Die gesellschaftliche Struktur in Twin Peaks befindet sich laut Lorenz in einem Zustand der Interpenetration und der permanenten Interdependenz. Twin Peaks liege ein geschlossenes System
zugrunde, kommunikative Grenzen fallen weitgehend mit topographischen zusammen. Als Analogie zur Komplexität einer realen, modernen Gesellschaft, dominieren die Systeme der Wirtschaft und des
Rechts. Andere Systeme haben sich unterzuordnen.
Die beiden bedeutendsten ökonomischen Faktoren sind das Packard Sägewerk und das Great Northern Hotel. Ist das Sägewerk wegen seiner unklaren Besitzverhältnisse schon ein instabiles System, gilt
dies für das Hotel wie für alle Geschäftsaktivitäten von Ben Horne im besonderen. Dubios wie sie sind, bilden sie doch den einzigen Ausweg aus dem geschlossenen System. Der frische Wind von außen
erreicht Twin Peaks durch einen übel riechenden Kanal. Exemplarisch dafür steht das Bordell/Spielkasino „One Eyed Jack´s“.
Als einziger Ort in Twin Peaks befindet es sich jenseits der Grenze. Es liegt in Kanada, und damit außerhalb der Legalität. Wie die Black Lodge ist es mit roten Vorhängen verhängt. Die Mädchen
tragen, eine Anspielung auf „Alice im Wunderland“, Kleider mit Spielkarten-Motiven. Rekrutiert werden sie in der Parfüm-Abteilung des Hornschen Kaufhauses.
Der Name „One Eyed Jack´s“ selbst spielt auf den gleichnamigen Western von 1961 an, die einzige Regiearbeit von Marlon Brando, zu welcher er nach einem Streit mit dem ursprünglichen Regisseur
Stanley Kubrick kam. Diesen wiederum bezeichnet David Lynch als einen seiner wichtigsten Einflüsse.
Text: Guido Walter