Wer aufmerksam durch Berlin wandert, entdeckt unzählige unfreiwillige Readymades. Etwa diese vor einer den Berliner Metropolenkitzel symbolisierenden Graffittiwand platzierten Büromöbel. Die
petrolfarbenen Tischbeine zitieren raffiniert die von Ettore Sottsass propagierte Kombination von Erhabenem mit Trivialem, die sich in den Produkten der Möbel-Design-Gruppe „Memphis“
widerspiegelte.
Vor einigen Jahren suchten die Verantwortlichen des „BMW Guggenheim Lab“ einen geeigneten Platz für ihr mobiles Forschungslabor. Dort sollten Architekten, Künstler, Wissenschaftler und Designer
Ideen für die Stadt der Zukunft entwickeln.
Als Standort für das temporäre Gebäude schlug der Berliner Bezirk Pankow zunächst einen zwischen Oderberger Straße und Schönhauser Allee gelegenen Parkplatz vor. Dieser Standort wurde auch vom
Guggenheim Lab favorisiert. Das Guggenheim Lab fand später mit dem Pfefferberg eine andere Heimat. Der Parkplatz blieb, trotz fortschreitender Bauarbeiten an der Kastanienallee, bis zur
Errichtung eines Neubaus unverändert.
Bis dahin war dort ein sehenswertes Berliner Stillleben zu betrachten. Der von Gebrauchsspuren gekennzeichnete Bürostuhl, in seiner monolithischen Wucht dem Tisch abgewendet, drückt ein in Berlin
sehr virulentes Unbehagen gegen Einflüsse aus dem Westen aus („Schickimicki“). Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch eine auffällig platzierte Schnapsflasche („Molle“).
Ein bemerkenswertes, heute leider verschollenes Objekt eines unbekannten Künstlers. Es darf schon jetzt zu den Schlüsselwerken der jungen Berliner Moderne gerechnet werden. gw